Brüssel, 1. Dezember 2021
Angesichts des anstehenden Rechtsaktes der Europäischen Kommission über die Klassifizie-
rung nachhaltiger Investitionen sprechen sich die Grünen im Ausschuss der Regionen nach-
drücklich gegen die Einbeziehung der Atomenergie aus:
Die Einstufung der Atomenergie als nachhaltig, und die Ermöglichung der Förderung der
Atomkraft im Rahmen des Europäischen Green Deal steht im Widerspruch zu einer klima-
freundlichen, risikoarmen und nachhaltigen EU Energiepolitik.
Wenn Investitionen in Atomkraft als „nachhaltig“ eingestuft würden, würden sie Investoren
wie Banken, Versicherungsgesellschaften und andere Akteure auf den Finanzmärkten, aber
auch Einzelpersonen und Kleinanleger anziehen. Aber, Atomkraft ist nicht nachhaltig, un-
ter anderem aus folgenden Gründen:
1. Der Betrieb von Atomkraftwerken ist mit Risiken verbunden, die ganze europäische
Regionen und Länder unbewohnbar machen können.
2. Radioaktive Abfälle müssen 1 Million Jahre sicher gelagert werden. Kein Land der Welt
verfügt heute, mehr als ein halbes Jahrhundert seit Beginn der Nutzung der Atomener-
gie, über ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Sie sind daher eine Ewigkeitslast für
Kommunen, Regionen und künftige Generation.
3. Atomkraftwerke sind sehr teuer, und werden nicht zuletzt durch die Übernahme von
Folgekosten mit enormen direkten und indirekten öffentlichen Mitteln finanziert.
Atomenergie erscheint daher fälschlicherweise erschwinglich, während sie mit erheb-
lichen Steuergeldern finanziert wird.
4. Bestehende Anlagen sind technisch nicht auf dem Stand der Technik und erfordern
enorme Investitionen, um ihre Sicherheit zu verbessern. Dieser Investitionsbedarf ist
durch den Europäischen Stresstest nach Fukushima ermittelt worden. Daher sollte die
Laufzeit der Atomkraftwerke begrenzt werden. [The European stress test | Portal on Nuclear Safety (nuklearesicherheit.de)]
5. Neue Reaktortypen, die angeblich sehr geringe Risiken haben sollen – wie Reaktoren
der 4. Generation, Small Modular Reaktoren (SMR) oder Transmutationsreaktoren –
sind bisher nur angekündigt und weit entfernt von einem industriellen Einsatz. Wer
auf sie setzt, verzögert den Umstieg auf Erneuerbare Energien. Die Ideen verschlingen
Forschungsgelder, die für wirklich nachhaltige Technologieentwicklung benötigt wer-
den.
6. Atomkraftwerke, selbst einer nächsten Generation, sind nicht global für den Klima-
schutz einsetzbar, denn sie bergen immer die Gefahr einer Proliferation von waffenfä-
higer Technik und waffenfähigem Spaltmaterial. Die Technologie, auf die der Europä-
ische Green Deal setzt, müssen aber global nutzbar sein und können nicht einigen
Staaten exklusiv vorbehalten sein.
7. Urangewinnung und die Ketten der Atombrennstoffe verursachen hohe Umweltschä-
den, bergen massive Gesundheitsrisiken und führen zu Abhängigkeiten von Energie-
rohstoffimporten.
8. Atomenergie widerspricht dem do no harm Prinzip elementar.
Schon heute ist die Atomenergie nicht mehr wettbewerbsfä-
hig mit Erneuerbaren Energie. Der Ausbau der Erneuerbaren
Energie ist weit günstiger und viel rascher zu vollziehen. In-
vestitionen vergleichbarer Summen in die Erzeugung und
Speicherung von Erneuerbaren Energien würde Europa nach-
haltig der Klimaneutralität und der Begrenzung der Erder-
wärmung auf 1.5-Grad näher bringen. [https://unfccc.int/process-and-meetings/the-paris-agreement/the-paris-agreement]
Daher fordern wir:
KEIN GREENWASHING FÜR ATOMKRAFT!
Die Grünen im AdR unterstützen die Petition an Kommissi-
onspräsidentin von der Leyen und EU-Kommissar Timmermans: www.act.greens-
efa.eu/stopgreenwashing
Grüne im AdR unterstützen auch den Zusammenschluss der Atomkraftfreien Regionen und
werden dessen Ausweitung vorantreiben. [Gründung der Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg | NUCLEARFREE.EU]
Der französische Rechnungshof warnte vor kurzem vor erheblichen finanziellen Investitio-
nen und langen Bauzeiten und verwies auf die Ankündigung von Präsident Emmanuel
Macron, weitere Kernkraftwerke zu bauen. Das Gericht nimmt als Beispiel das Kraftwerk Fla-
manville, das 2023 mit einer Verzögerung von elf Jahren in Betrieb genommen werden soll
und dessen anfängliche Kostenschätzungen 3,3 Mrd. EUR betrugen, nun aber 19 Mrd. EUR
erreichen. Das Gericht fordert eine umfassende Debatte über alle potenziellen Herausforde-
rungen, da zwei Drittel der französischen Kernreaktoren bis 2050 ihre Produktion eingestellt
haben werden. [Les choix de production électrique : anticiper et maîtriser les risques technologiques, techniques et financiers | Cour des comptes (ccomptes.fr) / Rechnungshof Frankreichs warnt vor überteuerten Kernkraftwerken (nau.ch)]
www.cor.europa.eu/greens/
Brüssel, 1. Dezember 2021
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